Klinikum Wilhelmshaven
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16.08.2017 - Vortragsabend „Depression bei Frauen“ im Klinikum Wilhelmshaven stieß auf große Resonanz

Viele Besucher kamen zu der Veranstaltung in den Vortragssaal des Klinikums Wilhelmshaven

Hormonschwankungen können zu depressiver Verstimmung führen; bei Depression ist Therapie angeraten

Wilhelmshaven, 16.08.2017 – Rund 100 Interessierte kamen am Donnerstagabend zum Vortrag „Depression bei Frauen" ins Klinikum Wilhelmshaven. „Die große Resonanz zeigt, dass das Thema Depression heute nicht mehr als Tabu gilt. Vor 40 Jahren hätte dies anders ausgesehen", merkte Prof. Dr. Here Folkerts, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, an und begrüßte ausdrücklich auch die Männer, die unter den Besuchern zu finden waren.

Jede vierte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an einer Depression. Zudem führen Frauen die Statistiken der Suizidversuche an, Männer hingegen begehen häufiger vollendeten Suizid. Suchterkrankungen und schwierige soziale Situationen erhöhen das Risiko für Depressionen.

Doch was macht eine Depression aus? Gedrückte Stimmung, ständiges Grübeln, Gewichtsabnahme, Antriebsmangel, der sich z.B. durch einen Abbruch der Aktivitäten im Sportverein bemerkbar macht, sind Anzeichen. Wann „frau" unter einer Depression oder einem Stimmungstief leidet, kann nicht pauschal gesagt werden. „In der Regel sprechen wir von einer Depression, wenn das Tief längere Zeit, mindestens 2 Wochen, anhält. Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die sehr ernst zu nehmen ist, aber auch sehr gut zu behandeln ist", betonte Prof. Dr. Folkerts.

Aus der Perspektive der Frauenheilkunde, so Prof. Dr. Susanne Grüßner, Chefärztin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, ist man in vielen Lebenssituationen von Frauen mit Erkrankungen konfrontiert, die mit Stimmungsschwankungen zu tun haben. Stets ist es wichtig, organische Ursachen für das Stimmungstief auszuschließen und z.B. eine Schilddrüsenerkrankung vom Arzt abklären zu lassen. An den „Tagen vor den Tagen" leiden 20-30% aller Frauen unter einem prämenstruellen Syndrom (PMS), welches sich in einem Gefühl des „Kaputtseins", leichter Reizbarkeit und einem Stimmungstief äußern kann und regelmäßig wiederkehrt. Neben körperlichen Beschwerden bei Frauen mit PMS treten mitunter auch psychische Auswirkungen, wie leichtere Depressionen, auf.

Die weibliche Hormonspirale hat großen Einfluss auf die Gefühle. Der „Regelkreis" des Zyklus einer Frau zwischen dem 20 und 40 Lebensjahr steuert die Ausschüttung von Hormonen, welche ein ausgeglichenes Gemüt schaffen und zudem Beschwerden wie Hitzewallungen und Schlafstörungen vermeiden. Beginnt sich dieser Regelkreis der Frau um das 40. Lebensjahr herum zu verändern und tritt um das 50. Lebensjahr herum die allerletzte Regelblutung (Menopause) ein, fällt der Hormonspiegel rapide ab. Häufig wird dieser Übergang begleitet von Leistungsabfall, Abnahme der sexuellen Lust, Hitzewallungen und depressiven Verstimmungen. „Bei allen Erkrankungen ist die Hormontherapie ein Therapieelement, welches Abhilfe schaffen kann. Es müssen jedoch immer die individuelle Situation der Frau und ihr allgemeiner Gesundheitszustand in der Therapie berücksichtigt werden", gibt Prof. Grüßner zu bedenken. „Denn Hormone sind kein Allheilmittel." Ursachen für Stimmungstiefs sind neben Hormonen auch die Lebenssituation und individuelle Belastungen. Dabei kann „frau" vorbeugen, indem sie sich gesund ernährt und viel bewegt.

Doch neben dem vermehrten Auftreten von Depressionen bei Frauen im Alter von 50 Jahren, erkranken Frauen zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr am häufigsten an einer Depression. Gerade dann, wenn Kinderwunsch und Geburt relevante Themen im Leben sind.

Pränataler Stress während der Schwangerschaft, wie eine Depression der Mutter, führt beim ungeborenen Kind zum dauerhaften Anstieg des Stresshormonspiegels und beschleunigt die Hirnreifung. Die frühzeitige Hirnreifung geht auf Kosten von Wachstum und Zellteilung, was ein geringeres Geburtsgewicht zur Folge haben kann. Zudem begünstigen Stresshormone Bluthochdruck, Herzkrankheiten und Diabetes im späteren Leben des Kindes. Belastungen der Psyche während der Schwangerschaft können somit ernst zu nehmende Folgen haben.

Dass nach der Geburt des Kindes ein Baby-Blues einsetzt, obwohl das größte Glück der Welt zu verspüren sein sollte, ist gar nicht so selten: Jede dritte bis vierte Mutter ist betroffen. Heultage werden durch den Hormonabfall als Anpassungsreaktion nach der Geburt ausgelöst. Besonders wichtig ist in dieser Zeit die Unterstützung durch die Familie und Hebammen. Dauern die Beschwerden jedoch länger, d.h. mehr als wenige Tage an und zeichnet sich eine Depression nach der Geburt (postpartale Depression) ab, ist die Erkrankung nicht mehr allein durch Frauenärzte zu behandeln. Der Psychiater sollte dann unterstützen. „Bei uns gehen die Alarmglocken an, wenn wir in der Klinik über eine Schwangere oder eine Mutter informiert werden, die unter einer Depression leidet." Entgegen des weitläufigen Glaubens können auch Schwangere und stillende Mütter gut mit Medikamenten gegen die Depression, sogenannten Antidepressiva, behandelt werden. Dies schadet weder Mutter noch Kind. Ganz im Gegenteil: Fataler wäre ein plötzliches Absetzen der Antidepressiva. Denn dies geht mit dem Risiko einher, dass die trübe Stimmung schnell zurückkehrt. Bei schwer depressiven Schwangeren, besteht die Möglichkeit, dass Suizidabsichten wiederkehren – ein gefährlicher Zustand, sodass eine Depressions-Behandlung auch während der Schwangerschaft angeraten ist. In Einzelfällen werden Mutter und Kind (bis 12 Monate alt) gemeinsam stationär in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Klinikums Wilhelmshaven aufgenommen und versorgt.

Neben der Behandlung einer Depression mit Antidepressiva, sind die Psychotherapie, Lichttherapie, Magnetstimulation oder – bei schweren Depressionen – die Elektrokrampftherapie denkbare Behandlungswege. Individuell wird die Therapie gestaltet. Oftmals werden die Elemente kombiniert eingesetzt und durch körperliche Aktivität abgerundet. Als Hilfe zur Selbsthilfe bei depressiven Verstimmungen hatte Prof. Folkerts moderne Lösungen parat: „Online-Psychotherapie kann die oft lange Wartezeit auf einen Psychotherapieplatz überbrücken. Es gibt kostenlose Apps von verschiedenen Krankenkassen." Zudem bietet es sich an, ein Stimmungstagebuch zu führen.

Vor allem für die Frau selbst ist das Auf und Ab der Gefühle eine Belastung. Sowohl in der Frauenheilkunde als auch mit einer psychiatrischen Behandlung gibt es Wege und Therapien, um die Beschwerden zu lindern. Viele Fragen der Besucher und Betroffenen konnten am Donnerstagabend während der Infoveranstaltung geklärt werden. Eines wurde deutlich: Es gibt Hoffnung und verschiedene Wege raus aus dem Stimmungstief und der Depression. 

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